Harz - Reiseskizzen von Bernd Zillich    
 
                   
   
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Wernigerode
Auf den Brocken
   
 
 
Walpurgisnacht
 
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Geschichte und Geschichten um
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  Brocken / Nationalpark Harz: 1:25.000 Freizeitkarte mit Wanderwegen, Wintersportmöglichkeiten und Informationsteil zum Nationalpark
 
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  Auf dem Brocken: Hexen, Harz und Heine
 
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Sonntag, 14. Oktober
Auf den mythischen Blocksberg
Was für ein Wetter! Ein stahlblauer Himmel, eine glasklare Luft! Als ob ich ein Gespür für den günstigsten Tag gehabt hätte. Begeistert und voller Erwartungen setze ich mich in Marsch. Zunächst hat der Berg gar nichts Mythisches, Inspirierendes, der Weg verläuft in einem ganz prosaischen, langweiligen, dunklen Fichtenwald, in des­sen Schatten es mich – die Kehrseite des klaren Oktobertages – auch etwas fröstelt. Langsam wärmt mich aber die schöne Sonne und ich meine bald auch, den Geist des Gebirges spüren zu können. Anfangs noch unschlüssig, welchen der zahlreichen We­ge ich folgen sollte, wird mir aber bald klar, dass alle Wege eines gemeinsam haben: man muss sie mit einer beträchtlichen Anzahl Gleichgesinnter teilen.
Ich komme mir vor wie auf dem Jakobsweg, ein Pilger unter vielen. Bei jeder Weg­gabelung schwillt der Strom der Wanderer an, wie ein Rinnsal, der durch hinzu­flie­ßen­de Wasserläufe zum Strom wird. Entsprechend durchdringt ein kontinuierliches Rauschen den Wald, das teils vom Geplapper der spazierenden Menge erzeugt wird, teils vom massenhaften Klacken der Wanderstöcke, deren Pegel jeweils zu- und abnimmt, wenn sich mir eine Wandergruppe nähert, mich überholt und sich anschlie­ßend wieder entfernt. Immerhin kann man sich dadurch nicht verlaufen: Man braucht nur den Massen hinterher trotten. Was für ein Kontrast zur stillen, fast intimen Wan­derung im Elendstal!
Was mich mit Heinrich Heine verbindet, ist, dass auch er bei seiner Brocken­be­stei­gung auf eine Herde stieß, wobei es sich in seinem Fall um herum­sprin­gende "Schäf­chen" und "Kühlein" handelte, die "schelmisch mit ihren Glöckchen klingelten", was meine Weggefährten bedauerlicherweise nicht tun. Auch lädt mich kein freund­li­cher blonder Hirte ein, mit ihm königlich zu tafeln. Ich werde wohl im Brocken­res­taurant mit einem Tablett in der Hand Schlange stehen müssen.
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Auf dem Weg zum Brocken
"... wenn man die obere Hälfte des Brockens besteigt, kann man sich nicht erwehren, an die ergötzlichen Blocksberggeschichten zu denken, und besonders an die große mystische deutsche Nationaltragödie vom Doktor Faust. Mir war immer, als ob der Pferdefuß neben mir hinauf klettere, und jemand humoristisch Atem schöpfe. Und ich glaube, auch Me­phisto muß mit Mühe Atem holen, wenn er seinen Lieblingsberg er­steigt; es ist ein äußerst erschöpfender Weg, und ich war froh, als ich endlich das langersehnte Brockenhaus zu Gesicht bekam ..."
Wie Zeit und Gegebenheiten die Wahrnehmung beeinflussen können: Diese Worte Heines sind für mich kaum nachvollziehbar, so heiter ist heute das Geschnatter der Menge und das leuchtende Herbst­wet­ter, das kaum etwas Düsteres suggeriert. Und keinesfalls kann ich mir bei der anspruchslosen Tour auf gut aus­gebauten Wander­we­gen vorstellen, dass der Teufel ins Schnaufen kommt. Vielleicht hätte ich eine stür­mi­sche Dezembernacht wählen sollen, um in den Genuss der gruseligen Atmosphäre zu kommen.
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Der Brockengipfel einst Der Brockengipfel heute
Was für eine Fernsicht! Wenn ich daran denke, dass der Gipfel des Brockens an mehr als drei­hundert Tagen im Jahr im Nebel verschwindet, kann ich mein Glück kaum fas­sen. Da stehe ich nun und genieße einen Rund­blick, wie ihn Kaspar David Friedrich nicht romantischer auf eine Leinwand hätte über­tragen können. Jetzt erst erliege ich der Faszination dieses deutschesten aller deutschen Berge.
Die Walpurgisnacht
Das Klima und der Nebel, der oft über den Gipfeln liegt, mögen dazu beige­tra­gen haben, dass dem Brocken (im Volks­mund auch Blocksberg genannt) schon lange Zeit vor Goethe ein wildes Treiben von Hexen, Teufeln, Kobolden und anderen Gestalten angedichtet wurde. Seine herausragende Bedeutung für das Hexenwesen wurde dem Granitmassiv aber erst vom bedeu­tend­sten deutschen Dichter verliehen, dessen Faust hier die Walpurgisnacht verbrachte und ihr so zu Weltruhm (und touristischer Ver­marktung) verhalf.
"Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
Die Stoppel ist gelb, die Saat ist grün.
Dort sammelt sich der große Hauf,
Herr Urian sitzt oben auf.
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Der Hexentanzplatz Fernsicht Warten auf die Zugabfahrt
Aus der Sagensammlung von Friedrich Gottschalck: "Auf dem Scheitel dieses kahlen Berges – der mit hunderttausend Millionen Felsstücken übersäet ist –hat der Teufel jährlich, in der Nacht vom letzten April auf den ersten Mai, der so genannten Walpur­gis­nacht, mit seinen Bundesgenossen, den Hexen und Zauberern der ganzen Erde, eine glänzende Zusammenkunft. So wie die Mitternachtsstunde vorüber ist, kommen von allen Seiten diese Wesen auf Ofengabeln, Besen, Mistforken, gehörnten Ziegen­böcken und sonstigen Unthieren, durch die Luft herbeigeritten, und der Teufel holt mehrere selbst dazu ab. Ist alles beisammen, so wird um ein hoch loderndes Feuer getanzt, gejauchzt, mit Feuerbränden die Luft durchschwenkt und bis zur Ermattung herum gerast. Von Begeisterung ergriffen, tritt alsdann der Teufel auf die "Teufels­kanzel", lästert auf Gott, seine Lehre und die lieben Engelein, und zum Beschluß giebt er, als Wirth, ein Mahl, wo nichts als Würste gegessen werden, die man auf dem "Hexenaltar" zubereitet. Die Hexe, die zuletzt ankommt, muß, wegen Vernachläs­si­gung der herkömmlichen Etiquette, eines grausamen Todes sterben. Sie wird näm­lich, nach der letzten glühenden Umarmung des Regenten der Unterwelt, in Stücken zerrissen, und ihr auf dem Hexenaltar zerhacktes Fleisch, den andern zum warnen­den Beispiel, als eine der Hauptschüsseln des Schmauses vorgesetzt. Mit anbrech­en­der Morgenröthe zerstäubt die ganze saubere Sippschaft nach allen Windgegenden hin."
Ich könnte eine Ewigkeit hier verharren! Ich bin fast trunken von der nordisch-klaren Luft und von der Atmosphäre dieses Zauberberges, erfüllt von einem Glücksgefühl, das sich trotz dem beileibe nicht anregenden Gedränge in meinem Inneren aus­ge­brei­tet hat. Fast entrückt schaue ich in die Ferne und spüre zugleich eine Verbun­den­heit mit den vielen Menschen, die wie ich einem unbestimmten, fast religiösen Gefühl hinterhergelaufen sind, völlig dem Reiz des mythischen Brocken erlegen. Sie wirken auf mich wie Komparsen eines Theaterstücks. An guten Tagen wandern oder fahren bis zu sechzigtausend Menschen den Brocken hinauf und machen aus ihm mit jährlich 1,6 Millionen den meistbesuchten Berg Deutschlands. Vielleicht ist diese Zahl auch auf einen Nachholbedarf zurückzuführen, denn 28 Jahre lang zerschnitt die inner­deutsche Grenze den Harz, war der Brocken militärisches Sperrgebiet und damit Symbol der Teilung.
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Ab geht die Brockenbahn Zurück vom Brocken Schierke: ein Traumort
Die Aura dieses Ortes hat mich bezwungen. Jede Minute, die vergeht, lässt das Nach­mittagslicht berauschender werden, die Aussicht großartiger, das Wirbeln der Gedan­ken in meinem Kopf konzentrierter, friedlicher. Meine innere Ruhe wächst mit jedem Lichtstrahl, den ich aufnehme. So komme ich, um den Zeitpunkt meines Aufbruchs zu verzögern, nicht drum herum, mich für die Rückkehr nach Schierke für die Bahn zu entscheiden. Freilich wird das Erlebnis, in einem überfülltem, lauten, ratternden Zug zu sitzen, nicht im Entferntesten so berauschend, wie ich es mir vorgestellt habe. Denn von hochragendem Standpunkt aus den rauchenden und pfeifenden Zug durch den Wald fahren zu sehen, das hatte fast mystischen Charakter.
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Herbststimmung in Schierke Die letzten Sonnenstrahlen
In Schierke angekommen, ist der Zauber des Lichts fast noch intensiver geworden, wird er doch verstärkt durch die Spiegelung in den Häusern, den Gärten und dem fast schreienden bunten Herbstlaub. Was für ein Tag!