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Mandawa Palace, 9. September
Nach der lebensnotwendigen Dusche, die Staub und Müdigkeit beseitigt, mache ich es mir auf der Terrasse bequem: An die Sofakissen gelehnt lasse ich den Blick über die Dächer von Mandawa kreisen und erlebe mit entspanntem Geist, nach der an­stren­gen­den Hitze und dem harten Licht des Tages, diese Stadt unter den sanften Strahlen der späten Sonne. Eine leichte Brise ist aufgekommen; aus der Ferne hört man spora­di­sche Zimbel-Klänge und das seltsame "Miau" der Pfauen. Sonst ist alles still. Es scheint so, als wären wir hier, im Hotel Castle Mandawa im Jhunjhunu-Distrikt in Shekhavati, die einzigen Gäste.
Jahr für Jahr, erklärt uns der Manager, lässt der ehemalige Maharadscha, der inzwi­schen mit seiner Familie in Jaipur lebt, einige Zimmer dieses 1755 errichteten Palastes ausbauen. In der Saison buchen hier bekannte Reiseunternehmen. Noch für heute abend wird eine Gruppe erwartet, wird uns versichert. Glücklicherweise bekommen wir nichts davon zu spüren, wir erleben diesen Zauber ganz für uns allein. Die "Royal Suite", die wir belegen, kostet übrigens nur 385 Rupien: ein wahrer Spottpreis ver­gli­chen mit den Preisen Delhis.
Es ist dunkel geworden. Die kleine Bar in einer Ecke der Terrasse wird dezent von unten angestrahlt, so dass man nur die Silhouetten der Flaschen erkennen kann. Die niedrigen Tische, vor denen wir im Yogasitz auf flachen Kissen sitzen, sind nur von Kerzenlampions beleuchtet. Stumm wartet ein Diener in weißem Anzug, mit rotem Gürtel und Turban auf unsere Bestellung.
Wir erfahrene Kolonialbeamte wissen natürlich, was sich gehört: So fangen wir mit Whisky & Soda an.
Als Zweites folgt eine delikate cream of tomato soup. Jedes Gericht wird von einem anderen Kellner (mit einem verschiedenfarbigen Turban) serviert. So stehen sie in der Reihe an, zuerst bei Margit, dann bei mir und füllen uns den Teller mit Leckerbissen: Mayonnaisesalat mit Äpfeln, mutton curry, lady fingers (scharf gewürzt), gefüllte Tomaten, malai kofta. Der Gaumen freut sich, und der Geist ist bald eingestimmt.
Von unten aus dem Hof kommt jetzt ein merkwürdiger Gesang zu unseren Ohren. Ein Mann in Rajasthani-Tracht musiziert mit einem einfachen Saiteninstrument und singt. Seine Partnerin begleitet ihn mit ihrem Gesang. Sie singen, als würden sie eine Geschichte erzählen, die Worte scheinen sich jeweils zu ändern, nur die Melodie wiederholt sich mit großer Monotonie. Das Absurde und Faszinierende zugleich ist, dass sie, ohne es zu wissen, nur für uns beide spielen, hier in diesem Traumpalast, fernab von fast allem und allen.
Auf Indiens Straßen fühlt man sich von den Massen erdrückt, von den Menschen, die schauen, spucken, husten, laufen, treten, rufen oder betteln. In den Restaurants der oberen Klasse ist die Luft dünner. Überflüssiges Personal steht unaufdringlich herum, und wartet auf einen Blick, auf einen Befehl.
Hier ganz oben auf dieser Terrasse steht eine Schar Kellner herum und tut nichts. Acht Diener - zwei Gäste. Man fühlt sich ein wenig beobachtet, aber in der Dunkelheit kann man sich gehen lassen, einen Hauch von 1001 Nacht einatmen und sich für die Nüch­tern­heit des morgigen Tages wappnen.
Der vergangene Tag war geruhsam und ent­täu­schend zugleich. Einerseits war das Reisen mit dem Auto leicht, das Sehen weniger anstrengend als sonst. Andrerseits konnten meine Er­war­tun­gen nicht ganz in Erfüllung gehen. So manches, was der Reiseführer in höchsten Tönen über
Shekhavati, die Gegend nördlich von Jaipur, ge­schil­dert hatte, traf nicht zu. War die Gegend
den Abstecher also wert? Im Rück­blick finde ich nur den Palast von Samode mit seinen poe­ti­schen Wandmalereien wirklich schön. Die wei­teren, berühmten "Wall paintings of Shekhavati" bedürften seit mindestens einem halben Jahr­hun­dert der Renovierung. Was übrig bleibt ist Verfall, Verfall, und immer wieder Verfall.
Plötzlich gehen auch hier, im königlichen Palast, die Lichter aus. "Today no light"? Die Musikanten unten im Hof kramen seelenruhig eine Öllampe aus einer Ta­sche, zünden sie an und spielen weiter, als ob nichts geschehen wäre. Für mich ist das Ereignis wie ein Sprung zurück in vergangene Jahr­hun­derte. Es existiert nichts mehr, nur wir beide, nur der Sternenhimmel, ein paar zitternde Lichter und diese in der Luft schwebende Musik, weit, weit weg.

10. September
Bereits eine Stunde nach Sonnenaufgang ist der Zauber des Palastes verflogen, dem grellen Tageslicht gewichen. Wieder erwarten uns Hitze, Staub, Anstrengung und endloses Fahren in einer kaum abwechslungsreichen Landschaft. Während mein Interesse an Wandmalereien deutlich nachgelassen hat und ich eher mit der Suche nach dem "Sinn" eines solchen Herumfahrens beschäftigt bin, kämpft Margit mit ihren nur zögernd abklingenden Halsschmerzen.
So wird die Reise immer mehr zu einem "Vorbeifahren", bei dem wir die Bilder nur vor dem Autofenster vorbeirauschen lassen und die meisten Aufenthalte nicht irgend­welchen "Besichtigungen" gelten, sondern der Suche nach etwas zu trinken und selbst das fällt uns, ob der Einfalt unseres Fahrers, schwer. "
Limka, Limka", fragen wir ihn, oder "Chai". Er antwortet mit "Yes", fährt wie ein Irrer durch die jeweilige Ortschaft und findet - nichts. So schöpfen wir bald den Verdacht, dass "Yes" das einzige engli­sche Wort ist, das er (mit Einschränkungen) beherrscht. "how many km from Jaipur", fragen wir. "Yes" ist die Antwort. "Will it rain?" "Yes". Auf jede Frage folgt ein un­aus­weichliches, alles und nichts sagendes "Yes".
Selbst die Entschlüsselung der Straßenschilder an den Abzweigungen scheint ihm schwerer zu fallen als mir, mit meinen Primitivstkenntnissen der Devanagari-Schrift. Dauernd muss er anhalten und jemanden fragen.
Bei Ramgar haben wir einen Platten. Eine Werkstatt ist zwar schnell gefunden, aber das Montieren des Reservereifens und die Schlauchreparatur dauern fast zwei Stunden. Bis es soweit ist, werden wir von frechen grinsenden Jugendlichen begafft, schauen uns selber etwas um und beobachten den Himmel, der zunehmend bewölkt und dunkel wird. Wind hebt sich und wirbelt Sand und Staub auf, die in jede Ritze eindringen. Bald donnert es. Unbeeindruckt zieht ein Kamel gemächlich an uns vorbei. Als sich der Wind schließlich legt, fallen die ersten Tropfen, und ich freue mich inner­lich auf die entfesselte Naturgewalt eines echten Monsunregens. Aber der Berg gebärt nur ein Mäuschen, mit anderen Worten einen waschechten tropischen "Salzburger Schnürlregen".
Endlich kann es weiter gehen. Stunden und Stunden rollt der alte "Ambassador" über die nasse Straße. Der Regen will sich zwar immer noch nicht entschließen, ein tro­pi­scher Regenguss zu werden, aber die lähmende Hitze ist vorbei. In manchen Dörfern steht die Straße stellenweise unter Wasser, was, so vermute ich, eher auf die fehlende oder verstopfte Kanalisation zurückzuführen ist, als auf das Ausmaß des Nieder­schlags, und wenn man aus dem Auto steigen will, versinkt man in Schlamm und Dreck.
Die Stunden vergehen. Wieder sinkt meine Laune. Ich kann solch ein Rasen und Zu­schauen im Vorbeifahren nicht ausstehen, dieses Betrachten der Welt und der Men­schen wie im Kino, oder im Zoo. Nur vorbeirasende Bilder, nur Touristenkontakte, "bakshish, carpets, one rupee". Nur keine Nähe, nur kein "Mittendrin"! Es stimmt zwar, dass, wenn man zu nahe ran geht, der Kulturschock von Armut, Schmutz und Fremd­heit einen um so stärker trifft, aber diese Nähe könnte auch der Weg zum Verständnis sein. Ich müsste meine Reisen "nur" anders gestalten, mich selber umstellen. Das nächste Mal, oh ja, das nächste Mal. Aber heute bin ich nur noch auf ein Ziel ein­ge­stimmt: ein gutes Essen und eine lauwarme Dusche im Hotel.
Der Fahrer schaut fortwährend auf die Uhr. Auch er hat nur noch eines im Kopf. Vermutlich muss das Auto innerhalb einer gewissen Zeit in Jaipur abgeliefert sein.

Jaipur, 10. September, abends
"Wawawawawawawawa, Wawawawa" sagt der Flattermann. "Brrumm brrumm", ant­wor­tet die Kühlanlage. Müde und verstaubt liege ich auf dem Bett im Hotel Bissau in Jaipur und inspiziere die Zimmerdecke nach Insekten und sonstigen Gästen. Margit nimmt gerade eine kalte Dusche, denn Warmwasser gibt es erst "
in twenty minutes". Der Boiler muss von außen (!) eingeschaltet werden. Wir wohnen diesmal, wie Margit sehr treffend bemerkt, in der "royal Abstellkammer"!

11. September
Ein wenig herumspazieren, ein wenig mit der Fahrradrikscha herumkutschieren, eine "
jewellery factory" im Moslemviertel aufsuchen aber keine "istones" kaufen (Jaipur hat schwerpunktmäßig Edelsteinbearbeitung als Handwerk). So läuft ein Vormittag schnell ab. Und trinken - viel trinken. Diesmal habe ich mich sogar an ausgepressten Zucker­rohr­saft herangewagt. Nun warte ich auf die Wirkung.
Drei Uhr Nachmittag: Mücken pieksen meine Füße, das Wasser im Schwimmbecken ist schmuddelig und nicht gerade einladend, Scharen von Raubvögeln kreisen am milchi­gen, blassblauen Himmel. Wir verkriechen uns im Schatten und wollen nur noch eins: diese letzte Stunde verstreichen lassen.
Abends um 18 Uhr 55 soll der Flug nach Bombay gehen. Unsere letzte Etappe.
 
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