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Havanna, 18. Februar

Auch heute zeigt sich das Wetter - getragen von einem starken Wind - von seiner klaren Seite. Wir frühstücken in der Cafeteria gegenüber dem Hotel Nacional, besichtigen letzteres, genießen das Ambiente und kaufen ein paar Ansichtskarten. Um 10 Uhr bringt uns der Autovermieter das reservierte Gefährt und wir fahren sofort auf eine erste Spritztour ins Viertel Miramar, wo wir uns eine casa particular ansehen wollen, die Roberto emp­fohlen wurde. Dort emp­fängt uns Hector, ein sympa­thi­scher, Pferdeschwanz und Ohrringe tragender junger Mann. Das Ambiente ist Heming­way-like, es spricht uns beide an. Nur schade, dass das Viertel etwas abseits liegt. Ohne Auto ist es nur schwer erreichbar.
Wir fahren gleich wieder zu­rück, um noch einmal in der Altstadt zu landen. Dort, in der Bar Dos Hermanos, genehmigen wir uns einen Lunch. Hier soll Hemingway beim Armdrücken seine Machokomplexe abreagiert haben und auf diese Theke wird er wohl die Hand des einen oder anderen Habanero nach unten gedrückt haben - oder auch nicht.
Jedenfalls ist das Ambiente bezaubernd und die Musik der kleinen Kapelle hervorragend. Die Musiker spielen sich die Seele aus dem Leib. Für diesen Sound müsste man in jedem Jazzlokal der Welt teuren Eintritt bezahlen. Eine Musik, die die Menschen anlockt und die Herzen erwärmt. Ich könnte Stundenlang die Atmosphäre genießen.
Doch ich will wieder auf Fotostreifzug. Zuerst wird Robertobeim Friseur um die lächerliche Summe von sieben Pesos erleichtert, dann zieht es uns wieder in die Gassen von Habana Vieja. Der Zauber des Lichtes erreicht in dieser Stun­de seinen Höhepunkt. Die Stra­ßen­züge, die geparkten Autos, die Fassaden - sie sehen wie in Gold gebadet aus.
Diesmal essen wir in einem paladar (bei Alejandro) un­mit­tel­bar in der Nähe un­serer Un­ter­kunft.
Der cerdo especial (Schweinebraten spe­zial) ist überzeugend aber nicht außer­ge­wöhnlich, und die Beilagen sind nur eine Wiederholung der gestrigen. Die Vielfalt der Gerichte scheint sich in Grenzen zu halten.

Havanna, 19. Februar

Diesmal haben wir ein echtes Café als Objekt unserer Frühstücksbegierde gefunden, das Pain de Paris. Endlich Süßgebäck! Nur schade, dass es, nachdem man an der Kasse bezahlt hat, so ewig lang dauert, bis man bedient wird.
Das Gebäude, in dem wir wohnen, ist nicht nur architektonisch sehr ansprechend (ich versuche zu raten, Art Deco?), sondern auch eine gute Gelegenheit zur Menschenbeobachtung. Wie lange ist es her, dass es in Europa noch Liftboys in Privathäusern gab? Oder gar Hausmeisterinnen, die von ihrem Kabäuschen das Ein- und Ausgehen der Bewohner beobachteten und alles über alle wussten? Die vollschlanke schwarze Liftlady, die auf ihrem Klappstühlchen im Aufzug sitzt und keine andere Aufgabe hat, als die Gittertür zu öffnen und auf den Knopf zu drücken, scheint nicht mehr in unsere Zeit zu passen. Gestern saß sie gemütlich da mit einem Reisteller auf dem Schoß und grinste uns von einem Ohr zum anderen an. Ein Hausbewohner, der mitfuhr, sprach sie mit "que rico" (wie gut) an, und lächelte dabei wie ein alter Freund. Heute beschäftigt sie sich mit einem Kreuzworträtsel, ein weiterer Hausbewohner umarmt sie, als er einsteigt.
Am Hauseingang stehen (oder sitzen) immer unterschiedliche Pförtner. Freundlich fragen sie nach dem Apartment, zu dem man will. Einer dieser Aufpasser könnte der Zwillingsbruder von Ibrahim Ferrer aus dem Film "Buena Vista Social Club" sein, ein vornehmer alter, zartgliedriger schwarzer Herr mit feinen Gesichtszügen und gelassener Ausstrahlung, in einem hellen, fein gebügelten Anzug. Bereits nach dem dritten Mal stellt er keine Fragen mehr und wirft uns nur noch ein freundliches Augenzwinkern zu.

Die erste Spritztour

Es beginnt für uns eine endlose Fahrt nach Osten auf der Suche nach einem Badestrand. Wir fahren und fahren, schauen sehnsüchtig aus dem Fenster, um den Traumstrand zu sehen, den wir uns herbeisehnen, aber die Landschaft will nicht ansprechend werden. Und Omar scheint sich hier nicht besser auszukennen als wir. Wir kommen an einem verlassenen Urlaubsclubgelände vorbei, fahren weite Strecken durch trockene Landstriche, dann durch eine palmenbestückte, attraktive Landschaft, schließlich suchen wir den Weg zu einer nicht näher definierten playa, geraten dabei in eine Sackgasse, müssen über Stock und Stein zurückfahren. Roberto und ich schauen uns fragend und ungeduldig an. Omars Ziellosigkeit ist recht merkwürdig. Für einen Reiseführer scheint er die Gegend nicht gerade gut zu kennen.
Nach zahlreichen, völlig umsonst gefahrenen Kilometern zwingen wir ihn, die ganze Strecke retour zu fahren. Beim Club Vente, ein eher leer wirkendes Feriendorf, machen wir schließlich eine Rast.
Der starke Wind, die klare Luft und ein leicht bewegtes Meer sorgen plötzlich für eine ausgezeichnete Stimmung bei mir. Mir gefällt es. Auch oder gerade deshalb, weil der Strand völlig leer ist. Nur ein einsamer Surfer flitzt mit Hochgeschwindigkeit über die Wellen.
Wenn wir dachten, dass in den Tropen immer Badesaison sei, dann haben wir uns geirrt. Durch den Wind ist es eher kühl und das Wasser ist alles andere als einladend. Nicht einmal Touristen zieht es in die Fluten. Einheimische, so Omar, gehen sowieso nicht vor Juni zum Baden.
Eine einsame Touristengruppe gibt es doch. Es ist eine Clique von Italienern. Sie sitzen an der Bar und singen, durch das Klimpern einer Gitarre begleitet, ein Lied von Lucio Battisti - leider völlig falsch!
Wegen der umsonst gefahrenen Kilometern - mit der Verleihfirma haben wir eine Pauschale für eine maximale Kilometerzahl ausgemacht - sprechen wir Omar etwas verärgert an. "No hay problema", grinst er. Er öffnet die Motorhaube, ein paar Griffe - und ein mechanismo ist ausgeschaltet. Jetzt läuft der Kilometerzähler nicht mehr mit. Zu gegebener Zeit schaltet Omar den mechanismo dann wieder ein.
Auf der Rückfahrt kommen wir endlich an einigen Stränden vorbei. Omars Ziel ist Tarara. In diesem kleinen Ort, dessen Kern eine Ferienkolonie für strahlenerkrankte Kinder aus der ehemaligen Sowjetunion ist, war er zehn Jahre lang Fremdenbetreuer. Im "Hospital de Tarara" werden strahlengeschädigte Kinder aus Tschernobyl und anderen Teilen der Ukraine und Weißrusslands kostenlos medizinisch behandelt. Viele von ihnen leiden an bösartigen Tumoren.
Der Zusammenbruch der UdSSR und somit der speziellen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, haben das Programm drastisch eingeschränkt. Heute schicken, laut Omar, hauptsächlich russische Mafiosi ihre Kinder hier in den Urlaub, wenn sie sich von ihnen ein paar Monate lang entledigen wollen.
Auch am Strand von Tararaweht ein starker Wind. Für uns ist es kühl, für Omar ausgesprochen kalt. Erst Ende Februar hört dieses kühle Wetter auf, meint er. Dann dreht auch der Wind, und es kommt die Zeit, in der die Flüchtlinge auf die Boote gehen, denn der Wind treibt sie dann genau in Richtung Florida. Nur etwa die Hälfte von ihnen erreicht ihr ersehntes Ziel. Die anderen werden meistens von der Küs­ten­wache aufgegriffen.
Grundsätzlich steht es zwar jedem Kubaner frei, Kuba auf legalem und sicheren Weg zu verlassen, die Bedingung, die der ku­ba­ni­sche Staat allerdings stellt, ist der Besitz eines gültigen Einreisevisums für das Zielland. Von den USA werden zwar kaum Visa ausgestellt, sie gewähren allerdings allen Kubanern, die ihr Land illegal verlassen und es schaffen, US-Amerikanischen Boden zu betreten, automatisch eine Aufenthaltsbewilligung. Werden die Flüchtlinge aber auf See von der Küs­tenwache erwischt, ist ihnen eine Verfrachtung zurück nach Cuba sicher.
Während wir so diskutieren, sitzen wir in einer kleinen Bar, die wie bei einem Pfahlbau auf einer erhöhten Plattform errichtet ist. Mein Blick kann zu den spärlichen Palmen, dem weißen Sand und dem Meer wandern und ich fühle mich wirklich wohl. Der Wind, die klare Luft, das Bucanero Bier, die hübsche Kellnerin - endlich erlebe ich wieder ein paar entspannte Minuten.
"In provicia hay chicas fantasticas" (in der Provinz gibt es fantastische Mädchen), grinst Omar, dessen Hauptinteresse offensichtlich das zarte Geschlecht ist. "Weil sie nicht so geschäftstüchtig sind", fügt er hinzu und aus dem Grinsen wird ein lautes Lachen.
Als wir weiter fahren wollen, bemerkt Omar am Geräusch, dass etwas am vorderen Reifen nicht in Ordnung sein kann. Und tatsächlich: Am rechten, vorderen Reifen ist deutlich eine kleine Wölbung zu sehen. Gut, dass der Autovermieter seinen Sitz gerade in Tarara hat. So fahren wir gleich hin, lassen den Reifen wechseln, werden dazu noch von Herrn Ruiz, dem Inhaber zu einem Kaffee eingeladen, und es kann weiter gehen.

Havanna, 20. Februar

"Un caffè?", fragt mich Carolina ein wenig später, als sich die Gruppe auf die Zimmer verteilt hat, und ich fühle mich dabei wie in einer Familie aufgehoben, oder wie bei guten, langjährigen Freunden. Gestern Abend zum Beispiel saß der 13-jährige Sohn bei den Hausaugaben am großen Tisch im Wohnzimmer, Papa Lenin hatte die Kamera auf ein Stativ gestellt, um den Raum für seine Internetseite zu fotografieren, und die Nachbarin war mit Carolina in der Küche auf ein kleines Plauschchen. Eine sehr familiäre Atmosphäre!