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Rumänien - Reisebericht von Bernd Zillich
 
 
Nach Bukarest
 
     
   
Donnerstag, 5. Oktober 2006
Frühstück
Ich werde in Bukarest erwartet. Wenn ich es schaffen möchte, dem Verkehrschaos der Stoßzeit aus dem Weg zu gehen, sollte ich, so meint Roberto, mein Neffe, ziemlich früh losfahren. Aber der Frühstücksteller mit seinen vielen verschiedenen Käse- und Wurst­sorten ist derart üppig, die Mihăilăs und das Wirtsehepaar sind so kommunikativ, dass ich den Aufbruch immer wieder hinauszögere. Die Bangalas versprächen sich eine rasche Entwicklung des Touristengeschäfts und seien deshalb in Begriff, die Bettenzahl der Pension aufzustocken. Die Gäste seien zwar bis heute vorwiegend Rumänen, die auch
nur für wenige Tage bleiben, aber immerhin verirrten sich ab und zu auch ein paar Engländer oder Franzosen in den Ort. Die Mutter des berühmten Fußballprofis Zidane habe bereits bei ihnen ei­nen Urlaub verbracht. Das spricht sich herum. Und Saison ist fast das ganze Jahr. Der Winter hier könne herrlich sein, für die, jedenfalls, die sich mit Temperaturen von bis zu -32° anfreunden können.
Ich nehme alles gierig auf, als sei mein Gedächtnis ein Schwamm, und schon ist die Liste der Ortschaften, die ich in Rumänien wieder besuchen will, um einen Eintrag länger.
Weiterfahrt
Kaum bin ich wieder in der Ebene, schon blendet mich das grelle Gegenlicht eines die­sigweißen Himmels, steigt die Temperatur im Inneren des Autos und sinkt meine Laune rapide. Zumal ich mich ein paar Mal verfahre, die Autobahneinfahrt bei Piteşti verpasse und alle Ortschaften, in die ich komme, ausnahmslos wie die hässliche, verwahrloste Peripherie einer Großstadt aussehen.
Bukarest
Die Autobahn geht nahtlos in die Stadt über und - es war kaum anders zu erwarten - in den Nach­mit­tags­stau! Man kommt nur im Schritttempo voran. Stoßstange an Stoßstange quälen sich die Autos in Richtung Zentrum. Obwohl mich das viel Zeit kostet, ist es para­doxerweise hilf­reich bei der Orien­tierung, denn zwischen einer Grünphase und der nächsten, zwi­schen einem Stop und einem Go, habe ich die Zeit, in Ruhe die Strecke auf dem Stadtplan zu verfolgen.
An beiden Seiten des Bulevardul Iuliu Maniu reihen sich die bedrückenden Wohnblocks der Ära Ceausescu in einer Folge von fast identischen acht- und mehrstöckigen Ge­bäu­den, deren Hässlichkeit zwar kaum zu bestreiten ist, deren Gestalt mir aber, denkt man mit etwas Fantasie den stellenweise abbröckelnden Putz und die rußgeschwärzten Fas­saden weg, weniger missfallen als die ihrer Gegenparts in anderen ehemals sozialis­ti­schen Ländern. Es steckt meines Erachtens einiges an Gestaltungsabsicht dahinter, was ich der Trostlosigkeit der Plattenbauten niemals zusprechen würde.
Immerhin komme ich voran. Der Weg zu Robertos Wohnung führt mich mitten durchs "neue" Zentrum Bukarests, das architektonische Erbe des kommunistischen Regimes von Nicolae Ceauşescu, dem selbst ernannten "ersten Architekten des Landes und "Titan der Titanen". Es herrscht Größenwahn der auffälligsten Art: der protzige Zuckerbäckerstil des ehemaligen "Palast des Volkes" (heute Parlament), das flächenmäßig das zweitgrößte Gebäude der Welt nach dem Pentagon ist, kilometerlange Boulevards, und vor allem der von neostalinistischen Wohnblöcken gesäumte Bulevardul Unirii, der nach dem Willen des Diktators um 60 Meter länger als die Champs-Élysées sein musste. Ein Fünftel der Alt­stadt wurde in den 1980er Jahren abgerissen, um Platz für dieses Zentrum, das Centrul Civic zu schaffen.
Nach etwa einer Dreiviertelstunde erreiche ich Piaţa Muncii, wo Roberto bereits auf mich wartet. Von dort sind es nur noch wenige Minuten zu seiner Wohnung, wo auch Eva, meine Schwester, auf mich wartet. Sie ist bereits seit einigen Tagen in Bukarest. So gibt es ihrerseits und meinerseits nicht wenig zu erzählen. Wir trinken Tee, schmieden Pläne für die nächsten Tage und organisieren ein Restaurant für den Abend.
 
     
   
 
 
 
 
 
     
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